Ich liebe Männer. Nicht alle, natürlich. Aber viele. Ich liebe und bewundere auch einige ältere weiße Männer (nicht das Prinzip, aber den Menschen). Und neben aller Kritik an patriarchalen Systemen halte ich es für unbedingt wichtig, nicht in die alte Falle von Ablehnung und Degradierung zu treten. Denn: Männer sind NICHT das Patriarchat! Einige Männer unterstützen mehr oder weniger bewußt patriarchale Strukturen. Manche Frauen auch. Neben „educate your son“ sollte ebenso „educate your daughter“ stehen. Oder vielleicht weniger erziehen, als vielmehr: vorleben. Töchter, die täglich sehen, dass ihre Mütter nett lächeln, wenn sie eigentlich wütend sind oder sich klein machen (lassen) und zurückstecken, um ihr Gegenüber bloß nicht durch ihre Größe zu überfordern oder zu viel Raum einzunehmen, werden lernen, dass das der richtige Weg ist. Frauen, die zulassen, dass ihr Partner respektlos über ihre Fähigkeiten oder ihren Körper – oder den der Tochter – spricht, werden dies als hinzunehmendes Verhalten weitergeben. Väter, die Angst vor weiblicher Überformung, vor Menstruationsblut und körperlicher Veränderung haben, werden ihren Töchtern unbewußt Signale senden, ihr Frausein abzulehnen oder sich dafür zu schämen. Ähnliches gilt auch für heranwachsende Männer. Ich habe zwei Söhne und ich möchte nicht, dass sie in dem Gefühl großwerden, Unterdrücker zu sein, Vertreter eines gewaltvollen Geschlechts, dessen Sexualität abstößt und verletzt. Ich möchte, dass sie wissen, dass ihre Sexualität ebenso heilig und schön ist, wie die der Frauen. Ich möchte, dass sie ein „Nein“ als Nein annehmen können, ohne damit ihren eigenen Wert in Frage gestellt zu sehen. Ich möchte, dass sie lernen, einen Raum zu halten, für sich und andere und ihre großartige Kraft genießen. Ich möchte, dass sie sich frei fühlen in ihren Körpern und in ihrem Wesen, weil sie wissen, dass die Mädchen und Frauen, denen sie begegnen, ebenso frei sind und für sich sorgen. Ich möchte, dass sie ihre Lust integrieren und sie irgendwann in respektvollem Kontakt ausleben können, was auch immer das bedeutet. Ich möchte, dass sie es wagen, groß zu träumen, dass sie strahlen und sich zeigen, ohne sich zurückzunehmen oder zu beschränken. Weil sie wissen, dass die Frauen um sie herum ebenso groß und strahlend sind und auch sie sich nicht zurückhalten. Ein derart bewußtes Miteinander braucht Arbeit. Deshalb unbedingt: Quote. Unbedingt mehr Frauen in Kunst, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Wobei Menstruationsbeschwerden oder Schwangerschaftsübelkeit kein Tabu mehr sein dürfen, sondern vollkommen natürlich integriert werden sollte. Weil niemand von uns einfach immer gleich funktioniert, wie eine Maschine. Weil dass das Leben ist und alles Andere die Lebendigkeit und die Rhythmen der Natur negiert. Unbedingt also: Educate your son. Und: Empower your daughter. And yourself. Mehr glückliche, strahlende, kraftvolle Frauen und Männer werden mehr glückliche, strahlende, kraftvolle Kinder heranziehen, die Nein sagen und hören, wenn Nein gemeint ist. Und Ja, wenn sie Lust haben, ihr Sein oder ihre Sexualität zu teilen, mit wem auch immer.
